Buch - Kleine Fotoschule

1. Technische Grundlagen

1.3. ISO Werte

Sicher haben Sie an Ihrer Kamera schon mal die Einstellung „ISO“ entdeckt, aber nie so recht gewusst, wozu diese eigentlich gut ist. Nun, neben Blende und Verschlusszeit hat der ISO Wert ebenfalls einen großen Einfluss auf die Belichtung des Bildes. Sie steuert die Empfindlichkeit des Sensors in der Kamera.

Der „Sehnerv der Kamera“

Um dies zu veranschaulichen, stellen wir uns den Sensor der Kamera mal als unsere Augen vor. Jeder kennt das: wenn Sie abends das Licht ausschalten, dauert es eine Weile, bis sich Ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben. Wenn Sie nun das Licht wieder anschalten, erscheint eine mitunter harmlose Tischlampe für kurze Zeit extrem grell und man muss die Augen zusammen kneifen bis man sich daran wieder gewöhnt hat. Der Grund dafür ist, dass unsere Sehnerven die Lichtempfindlichkeit je nach Helligkeit entsprechend justieren. Und genau so verhält es sich mit dem Sensor der Kamera, nur dass wir dort dessen Empfindlichkeit via ISO-Einstellung nach Belieben regeln können.

Die Empfindlichkeit des „Sehnervs der Kamera“, des Sensors also, wird dabei in konkreten Zahlen ausgedrückt und eingestellt. ISO-Werte von 200, 100 oder weniger stehen dabei für eine geringe Lichtempfindlichkeit. Derartige Werte sind bestens geeignet, um in Situationen mit ausreichend Licht zu fotografieren, beispielsweise an einem wolkenlosen, sonnigen Tag im Freien. Doch wie der Zufall es so will, ziehen auf einmal mächtig viele große dunkle Wolken vor die Sonne. Um das Bild nun mit ISO 100 noch korrekt belichten zu können, müssten sie entweder die Blende weiter öffnen, oder die Belichtungszeit möglicherweise so lang einstellen, dass Sie ein Stativ benötigen. Wenn beides nicht in Frage kommt, können Sie den ISO Wert erhöhen, um dem entgegen zu wirken. Denn er sorgt für einen erweiterten Spielraum für das Einstellen unterschiedlicher Zeit-Blenden-Kombinationen. Je höher Sie den ISO Wert stellen, desto empfindlicher reagiert der Sensor auf einfallendes Licht. Werte von 400 bis 800 werden dabei in der Regel für bewölkte Tage oder in Innenräumen, wo nicht viel Licht vorhanden ist, verwendet. Werte ab 1600 können ihre Anwendung bei schlechten Lichtverhältnissen finden, wo kein Blitz verwendet werden kann oder darf (z.B. bei der Eventfotografie auf Konzerten, in Theatern usw.).


ISO-Werte und Bildrauschen

Das klingt fast zu schön um wahr zu sein: Verschlusszeit zu lang? ISO Wert rauf! Mit weit geschlossener Blende bei schummrigem Licht fotografieren? ISO Wert noch höher! Leider hat die Sache wie so oft aber einen kleinen Haken. Abhängig vom jeweiligen Kamera-Modell verschlechtert sich mit steigendem ISO Wert die Bildqualität teilweise erheblich. Es kommt zu dem sogenannten Bildrauschen und dem Verlust von Details in der Aufnahme. Viele Kompaktkameras und ältere Bridge-Kameras rauschen schon deutlich sichtbar ab ISO 400. Wer öfter bei schlechten Lichtverhältnissen ohne Blitz fotografieren möchte, sollte zu einer Spiegelreflexkamera greifen. Deren deutlich größere Sensoren können selbst bei ISO 1600 noch halbwegs brauchbare Bilder aufnehmen. Ein akzeptables Rauschverhalten haben z.B. die Einsteigermodelle Canon EOS 650D oder Nikon D5200. Wer höhere Ansprüche hat, muss jedoch tiefer in die Tasche greifen und gegebenenfalls zu Profi-Modellen greifen. Doch auch bei Spiegelreflexkameras gilt die Regel: Weniger ist mehr! Es empfiehlt sich immer, erst mit geringen ISO-Werten das Fotografieren zu beginnen und den Wert erst dann anzuheben, wenn die benötigte Zeit-Blenden-Kombination beim besten Willen nicht mehr realisierbar ist. Das Bild unten illustriert den Einfluss des ISO Wertes auf das Bildrauschen . Während im linken Foto nahezu kein Rauschen sichtbar ist, erkennt man im rechten deutlich den Detail- und Schärfeverlust sowie das Bildrauschen. Daher: gehen Sie behutsam mit dem ISO Wert um! Ihre Fotos werden es Ihnen danken.

100%-Ausschnitt der Rohdaten von 4 Aufnahmen mit unterschiedlichen ISO-Werten – von links nach rechts: ISO-100, ISO-1600, ISO-2300, ISO-6400. Um die Unterschiede deutlich zu erkennen

Einsatz des ISO Wertes – Was tun wenn’s dunkel wird?

Nun lässt es sich nicht immer vermeiden mit hohem ISO Wert zu hantieren. Ein Beispiel: Sie fotografieren mit offener Blende bei ISO 800 ohne Stativ und ohne Blitz auf einer Party. Sie benötigen daher eine möglichst kurze Verschlusszeit, die nicht geringer als ca. 1/40 sein sollte. Wenn die Verschlusszeit nun so lang eingestellt werden muss, dass Ihre Bilder verwackeln, bringt Ihnen das geringste Bildrauschen nichts. Nun können Sie den ISO Wert ruhig auf 1600 oder gar 3200 anheben und im Gegensatz die Verschlusszeit wieder verkürzen. Besser verrauschte Bilder als total verwackelte! Natürlich müssen Sie je nach Lichtsituation versuchen, den besten Kompromiss zu finden. Und manchmal bringt Ihnen auch die beste Kamera nichts mehr. Denn wo kein Licht ist, kann auch kein Bild entstehen. Sie erinnern sich an den Vergleich mit dem Auge? Wo keinerlei Licht ist, können wir auch nichts sehen. In dem Fall bleibt einem dann nichts anderes übrig, als die Kamera wegzustecken oder einen Blitz zu verwenden.

Exkurs: ISO und RAW

Manche Bridge-Kameras und so gut wie alle Spiegelreflexkameras bieten Ihnen die Möglichkeit, Ihre Fotos im Rohdatenformat, dem sogenannten RAW-Format auszulesen. Diese RAW-Daten sind anders ausgedrückt die „digitalen Negative“ Ihrer Bilder. Sie bleiben anders als die von Ihrer Kamera erstellten JPEGs vollkommen unbearbeitet. Bei der Umwandlung Ihrer Bilder in JPEGs bearbeitet die Software in Ihrer Kamera die Bilder nämlich – es wird Helligkeit, Kontrast und Sättigung hinzugefügt sowie Bildrauschen mit diversen Filtern entfernt. Leider arbeiten letztere oft sehr stark und Bildinformationen werden unwiderruflich zerstört. Nicht so beim RAW-Format. Damit haben Sie einerseits die Möglichkeit, mit spezieller Rauschfilter-Software am PC oder Mac wesentlich mehr Bildrauschen zu entfernen und andererseits mehr Details und Schärfe in den Fotos zu bewahren. Das RAW-Format bietet noch weitere Vorteile, ist aber arbeitsintensiv und sehr speicherhungrig (bis zu 40MB pro Bild).